Denk nach über das, was dir aufgetragen ist!
Was Gott dir verborgen hat, das brauchst du nicht zu wissen!
Beschäftige dich nicht vorwitzig mit Dingen, die über deine täglichen
Aufgaben hinausgehen! (Jesus Sirach 3,22-26)
Wissenshunger, Erkenntnisdrang, Entdeckerfreuden, kritisches
Nachfragen ... das hat unsere Kultur geprägt. Fast alle Errungenschaften
sind darauf zurückzuführen, dass Menschen sich nicht mit dem
zufrieden gegeben haben, was ihnen vor den Füßen liegt. Von dieser
Haltung bin ich geprägt.
Umso mehr haben mich diese Sätze des Weisen aus dem 2. Jh. vor
Christus überrascht. Die Bücher der Apokryphen sind in der Zeit
zwischen Altem und Neuen Testament zu verordnen. Luther fand, dass
sie mit Gewinn zu lesen sind – auch wenn sie in unserer Kirche keine
große Rolle spielen. Doch zurück zu der Aussage des Weisen: Wir
leben in einer Zeit, in der ständig eine Positionierung verlangt wird.
Zumindest einen Daumen hoch sollte man setzen, ein LIKE geben.
Wir legen fest, was »Schwachsinn« ist und wie die Probleme schon mal
nicht gelöst werden könnten. Manche wissen sogar, wie man schnell
zum Erfolg kommen könnte.
Ich schaue in mein Leben und merke: Da gibt es ganz schön Baustellen
zu bearbeiten. Vielleicht tut es mir gut, die großen Meinungsbekundungen
etwas zurückzufahren und bei steilen esen mal zu
schauen: Wie läu es denn sonst so bei dem, der die esen schwingt?
Ist das, wo Gott ihn hingestellt hat, von der gleichen Souveränität
durchdrungen, wie seine Thesen?
Der Herbst ist auch eine Zeit, in der ich mich gedanklich wieder
etwas erden kann. Wo hat Gott mich hingestellt und was habe ich da
zu tun, zu verstehen, zu entdecken? Geerdet kann ich dann auch
kritisch fragen, neu entdecken, über mich hinauswachsen.
Mit besten Segensgrüßen,
Ihr Pfarrer Tobias Frauenlob